Navigation überspringen

/ Bibel heute

Hiobs Reinigungseid und Appell an Gott

Markus Springer über Hiob 31,16–40.

Hab ich den Bedürftigen ihr Begehren versagt und die Augen der Witwe verschmachten lassen? Hab ich meinen Bissen allein gegessen, und hat nicht die Waise auch davon gegessen? Nein, ich habe sie von Jugend auf gehalten wie ein Vater, und ich habe sie von Mutterleib an geleitet.[...]

Hiob 31,16–40

Unter Freunden angeklagt und ohne Fürsprecher? (Hiob 31,16-40, 14.11.23)

Wehe, wenn…, …aber dann!, … - Kennen sie das auch? – Was muss eigentlich geschehen, damit sie, damit ich, eine solche Drohung aussprechen?

Ich beginne meinem Gegenüber zu drohen, wenn ich mich sehr bedrängt oder an den Rand gedrängt fühle. Auch im Bibeltext sind es schon fast Drohungen, die einer ausspricht. Einer, der sich von seinen Freunden an den Rand gedrängt fühlt. Die Rede ist von Hiob. Doch seine Drohungen gehen nicht etwa an seine Freunde, nein, sondern er sagt das alles über sich – und zu sich selbst und auch verschämt an Gott (V. 35). Demonstrativ hinterfragt sich Hiob selbst, weil seine Freunde ihn anklagen und bedrängen.

Doch der Reihe nach: Hiob - ein Nicht-Israelit -, lebte in Mesopotamien, vielleicht noch vor oder zeitgleich mit Abraham, um ca. 2000 Jahre vor Christus. Er war ein reicher Mann und angesehener Familienvater. Trotz allen Reichtums diente er Gott von ganzem Herzen. Gegenüber seiner Familie verhielt er sich wie ein Priester: Er betete beständig für seine Kinder, dass sie vor Gott nicht sündigten. Niemand war in dieser Zeit so rechtschaffen und gottesfürchtig wie er (1,8).

Was steckt dahinter?

Was Hiob und seine Freunde nicht wussten, war, dass parallel dazu, in der himmlischen Welt, Dinge passierten, die direkte Auswirkungen auf Hiob und seine Familie hatten. Denn der Satan klagte Hiob vor Gott an: «Ja dient dir Hiob denn umsonst so treu und gottesfürchtig? … ihm geht es doch gut, nimm ihm doch einmal alles weg! – ob er dann noch treu an dir festhält?» Daraufhin war es vorbei mit einem guten und komfortablen Leben. Gott lässt es zu, dass es Hiob sehr, sehr schlecht geht.

Es kommen Hiobsbotschaften! Sein Besitz wird zerstört. Alle seine Kinder sterben an einem Tag. – Und als ob das alles nicht längst genug wäre, erlaubt Gott, dass Hiob mit schlimmen Geschwüren und schrecklichen Schmerzen geplagt wird. Seine heile Welt bricht komplett zusammen. Eine extreme Krise für den gottesfürchtigen Hiob. Jetzt sitzt er dort, wo sich die Aussätzigen aufhalten – bei der Müllkippe, beim Aschehaufen außerhalb der Stadt. Er kratzt sich an seinen wunden Stellen mit einer Tonscherbe, um sich etwas Erleichterung von den schrecklichen Schmerzen zu verschaffen.

Das ist doch kein Leben mehr!

Seine Angehörigen können das nicht mit ansehen. Das ist doch kein Leben mehr! Seine Frau wird für ihn zur Sterbehelferin – Sie denkt und hofft für Hiob, wenn er sich von Gott lossagte, dann endlich würde ihm Gott das Leben nehmen – und damit auch das unerträgliche Leid.

Als dann seine drei Freunde zu ihm kommen, erkannten sie ihn nicht mehr. Ihnen blieb buchstäblich die Spucke weg. Das Leid war so gross, dass sie sieben Tage nichts zu ihm sagen konnten. – Ich staune: Würde ich, würden wir es schaffen, sieben Tage lang jemanden in schwerem Leid, in schwerer Trauer zu begleiten? Einfach nur da sein – dem Freund, der Freundin, einfach nur nahe sein, ohne ein Wort zu sagen? Ohne unsere gutgemeinten Ratschläge, die in dieser Situation auch Schläge sein können? Machen wir es wie Hiobs Freunde: Sind wir einfach da. Was wir hier lesen, spricht von einem sehr grossen Mitgefühl.

Nach dieser Woche Schockstarre beginnen Hiob und seine Freunde miteinander zu reden. Hiob wünscht sich nie geboren zu sein. Er wünscht sich den Tod. Trotz all dem behält Hiob einen starken Glauben und versündigt sich vor Gott nicht. Seine Freunde, die gekommen waren, um Hiob in seinem grossen Leid zu trösten, kommen im Verlauf der Gespräche einmütig zu dem Schluss, dass Hiob selbst an der Misere schuld ist:

 «Hiob, das kann nicht sein – da muss doch irgendetwas in deinem Leben vorgefallen sein! Gott ist doch gerecht. Vielleicht bist du doch hochmütig und hast gesündigt, wenn du ein derart tragisches Schicksal erleidest.» Und so wurden die Freunde, die zum Trost gekommen waren, zu seinen Anklägern – wie der Satan, der Hiob eingangs vor Gott anklagte. Die Anklagen der Freunde machten die Situation für Hiob noch schlimmer. Hiob wehrte sich. Er bedrohte sich selbst und rechtfertigte sich. Das geht so weit, dass er sogar bereitwillig jeden Fluch auf sich nehmen würde, wenn er denn aus unlauteren Motiven gehandelt hätte.

 «O hätte ich einen, der mich anhört, … Der mich nicht anklagt!», sagt er. Alle und alles scheint gegen Hiob zu sein. Doch an dieser tiefsten Stelle seines Leids keimt Hoffnung auf. Haben Sie´s gemerkt? – Gott hat ihn angehört und ihn nicht angeklagt! Und Hiob weiss es. An anderer Stelle ruft er aus:  «…ich weiss, dass mein Erlöser lebt… (19,25).»

Hiob sehnt sich danach, von Gott gerechtfertigt zu werden. Und das hat Gott am Ende auch getan. Die Worte und Anklagen seiner Freunde jedoch, ihr falsches Gottesbild hat Gott verurteilt.

Am Ende zeigt sich Gott dem Hiob gegenüber als der Allmächtige. Aber auch als der Barmherzige: denn er spricht persönlich mit Hiob. Die Frage nach dem  «Warum» des Leides löst Gott weder für Hiob, noch für seine Freunde auf. Danach wurde Hiobs Leben wieder vollkommen hergestellt – auch sein Reichtum und seine Familie. Gott schenkte ihm noch ein langes Leben.

Woher kommt der Freispruch?

Hiob war ein gewöhnlicher, aber gottesfürchtiger Mensch. Schon in dieser frühgeschichtlichen Zeit sah er Gott als seinen Fürsprecher und Erlöser an. Wohl 2000 Jahre später kam Gott selbst in Jesus Christus auf diese Erde. Er hat sich uns – wie dem Hiob – ganz konkret gezeigt: Als Mensch unter Menschen. Und er hat etwas getan, das uns zeigt, dass wir ihm unser Leben anvertrauen können. Dass wir ihm in den Leiden und Unwägbarkeiten unseres Lebens wirklich vertrauen können. Denn Jesus litt und starb für uns am Kreuz – aus Liebe. Er gab sein Leben als Lösegeld für unsere Schuld und nennt uns seine Freunde. Damit wir Ungerechten – die weit weg sind von der Rechtschaffenheit Hiobs – vor Gott gerechtfertigt werden. Wer Jesus vertraut, findet Frieden, trotz des Leids.

Der Apostel Jakobus schreibt: «Von der Standhaftigkeit Hiobs habt ihr gehört und gesehen, zu welchem Ende es der Herr geführt hat. Der Herr ist voller Mitgefühl und Erbarmen (Jak 5,11).»

Also doch ein Gott, der gute Gedanken über uns hat? Wir sind also nicht nur Ton für ihn, den er – weil er Gott ist – nach Belieben formen oder verwerfen kann.

Auch wenn wir nicht verstehen, warum Gott im Leben mancher Menschen großes, unbegreifliches Leid zulässt, ist er doch voller Mitgefühl und Erbarmen. Er hat weit höhere Ziele mit uns und eine Zukunft, die über den Tod hinausreicht.

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Kommentare (1)

Sigrid K. /

Lieber Marcus Springer, danke für Ihre Auslegung, über das Hiob Buch.
Es spricht mich an, weil ich schon sehr lange leide. Manchmal kommen Gedanken, warum straft mich der Herr?
Ich brauche viel mehr