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/ Bibel heute

Hiobs erste Antwort an den Herrn

Joachim Opitz über Hiob 40,1–5.

Und der HERR antwortete Hiob und sprach: Wer da meint, alles besser zu wissen, sollte der mit dem Allmächtigen rechten? Wer Gott zurechtweist, der antworte! Hiob aber antwortete dem HERRN und sprach:[...]

Hiob 40,1–5

Über den „lieben Gott“ reden viele

Ach Gottchen… Ogottogott… Oje… Ojemine… Das hört sich oft unbedarft an. Man ist ja schließlich kein Unmensch oder – noch schlimmer – ein Heide. Ein bisschen Religion gehört eben dazu und hat noch keinem geschadet. Und überhaupt: Das Christentum. Was wäre eine Hochzeit ohne den religiösen oder kirchlichen Zuckerguss? Die Reaktion nachher: „Der Pastor hat richtig schön gesprochen…!“

So – hat er das? „Man“ soll ja niemanden verunsichern oder irgendwie in Frage stellen. Schließlich heißt es ja: „Anything goes!“ Alles geht und hat sein unbedingtes Recht – wer wollte das bestreiten, geschweige denn beurteilen? Wo kommen wir denn da hin? Und jeder, der es wagt, hier was anderes zu behaupten, der stört. Der stört die gesellschaftlich erwünschte Harmonie und den religiösen Frieden. Denn Religion soll ja den gesellschaftlichen Kitt beisteuern – wehe dem, der es wagt, hier zu spalten! Das wäre sehr gefährlich. Einer, der das tut, fällt leicht der Ächtung zum Opfer… Na, ja – selbst schuld. Man muss es ja nicht gleich übertreiben mit der Religion oder dem Glauben. Das wäre ja fanatisch!

Aber ...

Nun das große ABER: Denn wenn ich die Heilige Schrift und hier das Buch Hiob aufmerksam lese, merke ich sehr schnell: Hier begebe ich mich auf ein vollkommen anderes Feld. Ich muss schlicht damit rechnen, dass meine bisherigen manchmal so harmlosen Vorstellungen von „Gott“ radikal über den Haufen geworfen werden. Radikal kommt von dem lateinischen Wort „radix“ und heißt auf Deutsch Wurzel. Es geht an die Wurzel meines Lebens. Ich kriege es mit dem Gott zu tun, von dem es heißt: „Kein Mensch kann mein Angesicht sehen, denn wer mich sieht, muss sterben.“ Oder: „Weh mir, ich vergehe, denn ich bin ein Mensch mit unreinen Lippen.“ Oder: „Du bist mir zu stark gewesen und hast mich überrumpelt!“ Oder: „‘Herr, geh weg von mir, denn ich bin ein sündiger Mensch!‘ Denn ein Gottesschrecken hatte ihn ergriffen“ – gemeint ist Petrus bei einer besonderen Begegnung mit Jesus. Und viele solcher Stellen mehr. Wer dem lebendigen Gott wirklich begegnet, stürzt bis ins Mark erschüttert zu Boden. Der verstummt. Der ist ergriffen bis in die tiefsten Schichten seines Herzens.

Ehrfurcht vor Gott

Hiob galt als frommer Mann. Er lebte fromm und rechtschaffen vor Gott und den Menschen. Und trotzdem bekennt ausgerechnet er: „Ich kannte dich bisher nur vom Hörensagen, nun aber hat dich mein Auge vernommen (Kap. 42, 5)!“ Vielleicht hatte Hiob auch nur eine bestimmte Vorstellung von Gott, wie er sein müsste oder was er doch zu tun hätte, wenn er denn wirklich Gott sein will.

Es kann sein, dass das unser heutiges Problem ist: Vielleicht haben viele die Ehrfurcht vor dem lebendigen Gott verloren. Er ist zu einer Art „Kumpel“ geworden. Glauben Sie wirklich und ernsthaft an den lebendigen Gott, der sich in der Bibel offenbart hat? Oder glauben Sie und ich vielleicht auch an eine Art Wunschbild von Gott? Das ganz bequem, aber nicht weiter gefährlich ist? Der uns auch dann nicht reinredet und unsere (religiöse) Ruhe stören kann? Die Diskussion um die Inschrift an der Kuppel des Berliner Schlosses zeigt: Es ist doch ganz nett, lieber von einem Westentaschen-Göttle zu fabulieren, als das wirklich zu erwarten und zu bekennen: Alle, wirklich alle sollen und werden wahrhaftig die Knie beugen vor dem HERRN (gemeint ist hier Jesus Christus!).

Gott, der allmächtige HERR, richtet zu Beginn unseres Abschnitts nur eine einzige Frage an Hiob: „Wer mit dem Allmächtigen rechtet, kann der ihm etwas vorschreiben?“ Gibt es jemanden, der Gott zurechtweisen darf? Der ihm irgendwelche Vorschriften machen könnte? Darauf antwortet Paulus: „Ja, lieber Mensch, wer bist du denn?“ Damit werden etliche Bilder und Vorstellungen von „einem lieben Gott“ zerschmettert. Gott ist eben nicht einfach „lieb“ geschweige denn handzahm, so wie wir ihn oft gerne hätten. Und das muss mir immer wieder klar sein, wenn ich es wage, von Gott zu reden. Oft höre ich im Gespräch Leute „über“ Gott reden. Wir können wohl über ein Stück Holz oder „über“ Menschen reden – aber über Gott? Das Wort „über“ gibt ja eine Position an, eben „drüber“. So kann ich aber nicht reden, wenn es um den lebendigen Gott geht. Wohl aber kann ich von Ihm reden, Ihn bezeugen. Ich nenne Seinen Namen mit größter Ehrfurcht und am besten im Modus der Anbetung und Verehrung. Das wird auch Hiob deutlich: „Ich bin zu gering, was soll ich antworten? Ich will meine Hand auf den Mund legen. Einmal habe ich geredet und will nicht mehr antworten… (Vers 4 und 5)“. Hiob erschrickt zutiefst, als er ernsthaft und wirklich dem wahren lebendigen Gott begegnet. Oder sage ich besser: Als dieser wahre und lebendige einzige Gott sich dem Hiob zu erkennen gibt, wie er wirklich ist. Das lernte Hiob mühsam. Denn im Grunde ist es ja so: Kein Mensch könnte verbindlich von Gott reden, wenn es ihm nicht vorher gegeben worden wäre. So sagt es Jesus vor allem im Johannes-Evangelium. Das, was wir von Gott wissen können, ist uns von Ihm selbst offenbart worden. Es ist also gerade kein Produkt von religiöser Phantasie oder menschlichem Erfindungsreichtum. Damit ist jedes lose Geschwätz „über Gott“ von vorneherein ausgeschlossen. Das kann vor dem Angesicht des wahren Gottes nicht bestehen. Es steht unter Seinem Gericht.

Liebe Gottes

Aber das ist nicht das letzte Wort, was hier zu sagen ist. Gott will uns Menschen ja nicht klein machen. Er will uns nicht zur Schnecke machen, damit er umso größer dasteht. Zunächst muss mir klar sein, mit wem ich es zu tun habe, wenn ich von oder besser mit Gott rede. Gott ist kein „Ach-Gottchen-Gott“. Er ist der HERR des Universums. Und zugleich: Dieser so unbegreifliche Gott beugt sich tief herab zu Ihnen und mir. „Er erhebt den Gefallenen aus dem Staub“. Dass er überhaupt zu uns redet in Seinem Wort, ist schon ein unbegreifliches Wunder. Aber dass er uns liebt, ist die größte Erfahrung, die ein Mensch je machen kann. Selbstverständlich ist das nicht. Und verdient habe ich das auch nicht. Der Grund ist der: „Du bist in meinen Augen wertgeachtet, weil ich dich liebe! (Jes.43,4).“ Vielleicht ist das das Geheimnis des Hiob-Buches: Hiob geht diesen furchtbaren Weg und macht diese entsetzlichen Prüfungen durch, er erkennt, wer Gott wirklich ist. Gottes Liebe ist auch unter ihrem schrecklichsten Gegenteil da – wenn auch tief verborgen. Denn liebte Gott uns nicht, warum sollte Er denn dann überhaupt mit uns reden? Wenn mir also dieser so unbekannte und ferne Gott begegnet, dann kann ich nur aufs heftigste erschrecken. Aber dann gilt zugleich: Ich darf zu dem Gott fliehen, der mir in Jesus Christus sein freundliches Angesicht zuwendet und mir gnädig sein will. Ich fliehe von dem verborgenen und rätselhaften und fremden Gott zu dem offenbaren Gott mit Namen Jesus Christus. Aber vergessen soll ich nicht, wie teuer dieser Weg sein kann! Hiobs Weg war kein gemütlicher Spaziergang!

Gott? Oh ja – wer sonst! Aber gebrauchen will ich Seinen hohen Namen am besten nur noch und ausschließlich in größter Ehrfurcht und Demut.

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Kommentare (1)

Walter J. /

Wie richtig Ihre Gedanken sind!!! Leider hat die Gesellschaft dies vergessen. Danke Ihnen sehr, Herr Opitz, für diese Gedanken.