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/ Bibel heute

Von den anvertrauten Talenten

Winfried Geisel über Matthäus 25,14–30.

Denn es ist wie mit einem Menschen, der außer Landes ging: Er rief seine Knechte und vertraute ihnen sein Vermögen an; dem einen gab er fünf Zentner* Silber, dem andern zwei, dem dritten einen, jedem nach seiner Tüchtigkeit, und ging außer Landes. Sogleich ging der hin, der fünf Zentner empfangen hatte, und handelte mit ihnen und gewann weitere fünf dazu.[...]

Matthäus 25,14–30

Immer wieder erzählt Jesus Gleichnisse. Kleine Geschichten, die uns etwas über Gott, über Jesus selbst und uns verdeutlichen. Zu dem Gleichnis, das Sie gerade gehört haben, ist mir eine andere Geschichte eingefallen, die Paul Watzlawick in etwa so erzählt hat: Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel und das Bild hat er. Der Hammer fehlt ihm. Ihm kommt der Gedanke, diesen könne er von seinem Nachbar borgen. Gesagt, getan, er geht los. Unterwegs fällt ihm ein, der Nachbar habe ihn gestern doch etwas unfreundlich gegrüßt. Ob der was gegen ihn hat? Ob der ihm überhaupt etwas borgen will? Was dieser Mensch wohl gegen ihn hat? Er kommt zur Tür des Nachbarn und klingelt. Der öffnet. Unser Mann öffnet den Mund und sagt: „Behalte doch Deinen Hammer!“

„Unmöglich, wie kann man sich bloß so verhalten?“, denke ich. Auf bloße Vermutungen hin ist eine Nachbarschaft möglicherweise ganz zerstört. So etwas kommt doch nicht vor, oder? Auch in dem Gleichnis von Jesus mit den drei Menschen, die da beschenkt werden, verhält sich einer geradeso unmöglich. Er vergräbt alles. Warum?

„Herr, ich wusste“,

sagt er, „ich wusste, dass Du ein harter Herr bist: Du erntest, wo Du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo Du nicht ausgestreut hast …“ Im Grunde sagt er: „Behalt Du doch Dein Vermögen. Belästige mich nicht mit Deinem Reichtum.“ Was für ein Missverständnis: Mit dem Gleichnis erzählt Jesus von Gottes großzügigem Geben und dieser Mensch grenzt sich von diesem Geber ab. Das ist unmöglich, nicht wirklich vorstellbar, oder? Leider doch. Viele Angelegenheiten versuchen wir ohne Gott zu regeln. Wir machen das, was wir unter Menschlichkeit verstehen, zum Maßstab unseres Handelns. Und letztendlich, wer kennt nicht die Frage: „Wie kann Gott das zulassen?“, und dazu den Satz: „Mit so einem Gott will ich nichts zu tun haben, lass mich damit bloß in Ruhe.“

Es ist schon erstaunlich, dieses Bild von einem harten Gott und unbarmherzigen Gott hält sich seit Generationen. Menschen fühlen sich von Gott allein gelassen und von anderen ausgegrenzt und einsam. Wir machen gern Gott für das verantwortlich, was wir Menschen selbst verursacht haben; und doch die Ursache in unserer Ablehnung von Gottes Liebe hat. Wir Menschen sind auf diese Weise den Weg in diese Welt voller Leid gegangen - und gehen auf diesem Leidens-Weg immer wieder und immer weiter jedes Mal, wenn wir ohne Gott und ohne sein Geben unterwegs sind oder versuchen, die Welt zu retten. Stimmt, diese Welt muss gerettet werden. Wir Menschen müssen gerettet werden, sogar vor dem, was wir selbst anrichten, womit wir nicht nur uns, sondern der ganzen Schöpfung schaden und z. B. das Klima wörtlich und übertragen vergiften.

Die gute Nachricht ist:

Wir sind gerettet!

Das ist bereits geschehen und ist uns geschenkt! Das lernen wir eben auch aus dem Gleichnis und der Geschichte, die Jesus da erzählt. Er erzählt ja von einem vermögenden Mann. Der gibt sein Vermögen, alles, was er hat, an die Menschen ab. Jesus redet von Gott, dem Vater und von sich selbst. Gott der Vater hat sein Ein-und-alles den Menschen gegeben. Er hat sein einziges Kind zu den Menschen geschickt. Nicht gerade mit Pomp und Purpur ausgestattet und von einer streitbaren glänzenden Heeresmacht beschützt, sondern in einem harten Trog auf Heu gebettet und später auf einem Esel reitend. Wir sollen und können an Jesu Geburt und Leben sehen und erkennen, Gott ist nicht der harte, unbarmherzige, abweisende Gott. Gott ist der Vater im Himmel, der Sehnsucht nach den Menschen hat und jeden Einzelnen und jede Einzelne von uns liebt. Gott gab uns sein Kind, seinen Sohn aus Liebe. Gott sucht uns. Er sucht alle und eben auch diejenigen von uns, die ihn als den harten und abwesenden Gott ansehen. Und Jesus, der Sohn Gottes, der Mensch wurde, er gab auch Alles. Alles, was er hatte, gab er für uns weg. Jesus starb am Kreuz, damit wir aus dem Leid und der Not kommen, mit der wir uns umgeben haben und die wir als unsere Umgebung wahrnehmen. Jesus starb für uns, für Sie und mich. Er gab uns alles, was er hatte: sein Leben! Das tat er, gerade auch, damit wir erkennen, wie viel wir Gott wert sind. Jeder Mensch, jede Frau und jeder Mann, sind Gott alles wert, was er hat. Er gibt alles für uns, weil er uns liebt und Sehnsucht nach uns hat. Das ist erstaunlich. Denn wir haben uns wirklich nicht so verhalten, wie es Gott gefällt. Er hätte längst genug von uns haben können. Doch das ist ein Wunder seiner Liebe. Er räumt unsere Schuld weg, Jesus hat sie getragen und Gott gibt uns das Geschenk des neuen Lebens. Des Lebens mit ihm.

Das Geschenk Gottes

Das ist das weitere Geschenk, das wir empfangen. Ich kann es vergraben und dann Jesus vorwurfsvoll zurückgeben, vor die Füße schmeißen. Das aber ist doch unbegreiflich. Es ist ja das Wegwerfen vom Besten, was ich je bekommen habe.

Anders wird es, wenn ich das auspacke, was ich von Gott und seinem Sohn Jesus bekommen habe. Dabei zeigt sich der wahre Wert von Gottes Gabe. Es ist ein blitzblankes, neues Leben. Das Strahlen und die Herrlichkeit von Gott selbst gehen auf uns über. Jesus zieht bei uns ein. Sein Leben macht uns aus. Er hat den Tod und auch das Leid, das damit verbunden ist, überwunden. Seine ganze Herrlichkeit ist offenkundig und offenbar. So übernimmt das Geschenk all das, was zum Wachsen und für die Gemeinschaft mit Gott nötig ist. Im Gleichnis gesprochen, wirkt nicht derjenige die Vermehrung, der es annimmt, sondern das, was er bekommen hat, wirkt und bringt Segen. Jesus lädt uns mit seinem Gleichnis ein. Er will, dass wir unser Bild von Gott auf die Probe stellen. Jesus zeigt uns Gott, wie er wirklich ist. Wirklich, er wirkt also alles, was wir zum Leben miteinander und mit Gott selbst benötigen. Gott ist nicht der harte Geschäftsmonopolist – Gott ist der liebevolle, von Liebe überfließende Vater. Das kann jeder Mensch ausprobieren. Darauf kann ich mich ganz einfach einlassen. Einige schlichte und einfache Sätze an Jesus gerichtet genügen. Diese können etwa so lauten: „Lieber Jesus, Du Sohn des liebenden Vaters, danke für Dein Leben. Dieses große Geschenk nehm’ ich gerne an. Komm und lebe in mir.“

Ein altes eingeschliffenes, lang eingeprägtes Bild von Gott, kann uns Menschen das Leben schwer machen und unser wahres Leben hindern. Doch die Lösung dafür müssen wir nicht selbst mühevoll erarbeiten, sie ist uns geschenkt.

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Kommentare (3)

Scherà /

Haben sie ganz herzlichen Dank, lieber Herr Geisel! Möge Gott sie reichlich segnen!
Scherà

Susanne Z. /

Ein wunderschönes Gleichnis. Danke. Auch für die Erklärungen in biblischer Gesamtbetrachtungsweise. Den letzten Satz kann ich nicht oft genug lesen.

Herbert E. /

Danke für diese Auslegung. Traditionell wird bei dieser Geschichte auf die anvertauten Gaben eingegangen. Die heutige Auslegung hat mir eine andere, neue und sehr inspirierende Perspektive vermittelt.