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/ Wort zum Tag

Leidende unter sich

Lothar Podszus über Johannes 5,7-8.

Der Kranke antwortete Jesus: Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt, wenn das Wasser sich bewegt; wenn ich aber hinkomme, so steigt ein anderer vor mir hinein. Jesus spricht zu ihm: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin!

Johannes 5,7-8

38 Jahre gehörte jener Leidende zu den Bewohnern im „Haus Betesda“. 38 Jahre lag er auch draußen am „Teich Betesda“. Denn man versprach sich Heilung von jenem Wasser, das sich in gewissen Zeitabständen auf geheimnisvolle Weise bewegte. Allerdings - immer nur für den einen Kranken, der als erstes ins Wasser gelangte.

Es ist schon erstaunlich, an welche Strohhalme sich Menschen mitunter klammern, um in ihrer Not Hilfe zu bekommen. Hat der Leidensdruck erst einmal ein gewisses Maß überschritten, setzen Menschen ihre Hoffnung so ziemlich auf alles.

Die einen vertrauen auf die Kraft magischer Steine, andere vertrauen auf die Kraft der Bäume. Wieder andere setzen ihr Vertrauen in die Magie des Wassers. Das ist heute nicht anders als zu biblischen Zeiten. Und so legte man auch jenen Kranken Tag für Tag an jenen geheimnisvollen Teich Betesda.

Doch längst schaute er nicht mehr mit wachen, suchenden und hoffnungsvollen Augen auf das Wasser. Er lag nur noch da und starrte vor sich hin - apathisch und stumm, den leeren Blick auf „unendlich“ gerichtet. Für ihn gab es selbst den berühmten Strohhalm nicht mehr, an den er sich klammern konnte.

Der Satz: „Wem das Wasser bis zum Halse steht, der darf den Kopf nicht hängen lassen…“ bewirkte bei ihm nur noch ein müdes Lächeln. Und den gut gemeinten Hinweis: „Die Hoffnung stirbt zuletzt…“ konnte und wollte er nicht mehr hören. Denn längst war die Hoffnung für ihn erstorben, und geblieben war eine tiefe innere Einsamkeit.

„Leidende unter sich“ - auch in unseren Krankenhäusern und Pflegeheimen - das bedeutet noch lange keine Leidensgemeinschaft. Auch dort gibt es unendlich viel Einsamkeit, die bisweilen noch viel mehr wehtut als das körperliche Gebrechen.

Und so wird jener „Dauerpatient im Haus Betesda“ zum Sprachrohr für alle einsamen und leidenden Menschen in unserer Gesellschaft. Tief aus seinem Innersten brechen die Worte hervor:

„Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich bringt, wenn das Wasser sich bewegt; wenn ich aber hinkomme, so steigt ein anderer vor mir hinein.“

Er klagt, jener Kranke am Teich Betesda, doch er klagt nicht ins Leere hinein. Wie die Beter der Psalmen bringt er seine Klage vor Gott und erfährt Antwort auf seine Klagen. Denn Jesus, den Christen auch den Heiland nennen, steht an seinem Krankenbett und spricht: „Steh auf, nimm dein Bett und geh hin!“

Manchmal brauchen wir diesen Impuls, um nicht in Resignation und Selbstmitleid zu versinken: „Steh auf und geh!“ Und ganz gewiss brauchen wir auch Menschen, die uns dabei behutsam an die Hand nehmen, die uns begleiten und uns wieder hineinhelfen ins Leben. 

Vor allem aber brauchen wir Jesus, der sich zu uns herabneigt, wenn wir an Leib und Seele krank daniederliegen. Und wenn wir uns von „Gott und der Welt“ und auch von Menschen verlassen fühlen, dann können wir erfahren, wie er sich uns liebevoll zuwendet.

Was immer unser Leid auch ist - zu ihm dürfen wir sprechen: „Heile mich Herr, so werde ich heil; hilf mir, so ist mir geholfen.“ (Jer. 17, 14)

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Kommentare (1)

Tomas aus Mähren /

Ein sehr schöner Text, der mich jedoch ganz anders anspricht. Der Teich mit seinem Heilwasser sind für mich durchaus plausible, nicht oder eben anders gelingende Lebenspläne, weil Jesus eben unerwartete Lösungen der Lebenssituation bringt.