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Vergebung ist Investition in die Zukunft

Hartmut Völkner über Micha 7,18.

Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die geblieben sind als Rest seines Erbteils; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er hat Gefallen an Gnade!

Micha 7,18

Die Rache ist ein gefährliches Grundgefühl im Menschen. Erlittenes Unrecht gibt scheinbar die Berechtigung zur aktiven Tat des Unrechts. So kann sich Böses ungehemmt vermehren.

Im 1. Buch Mose, Kapitel 4 wird Lamech erwähnt, der damit prahlt, erlittenes Unrecht siebenundsiebzigfach zu rächen. Dagegen ist die bekannte Talionsformel: Auge um Auge, Zahn um Zahn im 2. Buch Mose 21 schon eine gewaltige Einschränkung der Rache. Siebenundsiebzigmal bedeutet, dass die Rache unüberschaubar ist. Auge um Auge begrenzt Rache auf eine Strafe für ein Unrecht. Rache bringt bestenfalls kurzfristig Genugtuung, auf keinen Fall aber langfristigen Frieden.

Jesus dreht das hasserfüllte Denken des Lamech um. Auf die Frage seiner Jünger, wieviel sie vergeben sollen, antwortet Jesus in Matthäus 18 siebzigmal siebenmal. Das bedeutet: Hör auf zu zählen und vergib.

Damit ist der Kreislauf der Rache unterbrochen. Neuer Frieden kann wachsen. Christen haben die Aufgabe und die Möglichkeit, den Kreislauf der Rache in den Kreislauf der Liebe zu verwandeln. Das benötigt natürlich einige Zwischenschritte. Das Unrecht darf und muss benannt sein. Der Täter wird Täter genannt und das Opfer bekommt Recht. Der Täter soll eine Möglichkeit des Ausgleiches bekommen. Der Geschädigte darf sich unschuldig fühlen. Um mit dem Ganzen abzuschließen, kann der Geschädigte möglicherweise vergeben. Wenn man diese Schritte gegangen ist, soll man es siebzigmal siebenmal wiederholen, also immer und immer wieder. So schwer ist es, erlittenes Unrecht aus der Welt zu tragen.

Und warum soll man das tun? Weil der Schöpfer der Welt das so vormacht.

Gott selbst handelt so. Der Prophet Micha sagt staunend zu Gott: „Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die geblieben sind als Rest seines Erbteils; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er hat Gefallen an Gnade!“

Gott vergibt Schuld und hält am Zorn nicht ewig fest. Rache und Zorn blicken zurück und belasten. Vergebung und Gnade blicken nach vorne und befreien. Gott hat sich dazu entschieden, nach vorne zu blicken und jeder Generation, jedem, der neu geboren wird, eine Chance zu geben.

Weil Gott gnädig ist, feiern wir zusammen Feste der Versöhnung, z.B. im Abendmahl. Auf die Frage, wie oft wir das machen sollen, würde Jesus antworten, bis es dir zu einer neuen guten Gewohnheit geworden ist, also siebzigmal siebenmal.

Manchmal geschieht dieses Wunder, dass Rache beendet wird, auch heute noch. Als Ivor Perl, der mit 12 Jahren nach Auschwitz deportiert wurde, 70 Jahre nach der Befreiung im Prozess gegen einen SS-Offizier persönliche Worte an seinen Peiniger richtete, sagte er: „Weißt du was, ich hatte 70 Jahre schlaflose Nächte wegen dir und dem, wofür du standest. Jetzt, da ich sehe, was du wirklich bist, tut es mir leid um die Jahre, die ich verschwendet habe. Ich bemitleide dich.“ Wörtlich fährt er fort: „Aber ich dachte bei mir: Das kann doch nicht das richtige Gefühl sein. Das muss doch Hass und Missgunst sein. Aber ich hatte das Gefühl nicht in mir.“

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