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Suchen und finden

Jürgen Schweitzer über Jesaja 55,6.

Sucht den HERRN, solange er zu finden ist; ruft ihn an, solange er nahe ist.

Jesaja 55,6

Rabbi Baruchs Enkel, der Knabe Jechiel – so erzählt eine chassidische Geschichte – spielte einst mit einem anderen Knaben Verstecken. Er verbarg sich gut und wartete, dass ihn sein Gefährte suche. Als er lange gewartet hatte, kam er aus dem Versteck; aber der andere war nirgends zu sehen. Nun merkte Jechiel, dass jener ihn von Anfang an nicht gesucht hatte. Darüber musste er weinen, kam weinend in die Stube seines Großvaters gelaufen und beklagte sich über den bösen Spielgenossen.

Da flossen Rabbi Baruch die Augen über und er sagte: „So spricht Gott auch: ‚Ich verberge mich, aber keiner will mich suchen.‘“

Gott will gesucht werden. So sagt es nicht nur die Geschichte der Chassidim, sondern auch die Bibel – immer wieder.

Beim Propheten Jesaja im 55. Kapitel, Vers 6 lesen wir: „Sucht den Herrn, solange er zu finden ist; ruft ihn an, solange er nahe ist.“

Wie viel Zeit verstreicht im Leben nach der Suche von etwas… bei mir sind es häufig die Schlüssel. Das ist so ein Gegenstand, den ich schnell mal irgendwo hinlege, und dann vergesse ich, wo ich ihn hingelegt habe. Wäre er groß, dann könnte ich ihn leicht finden, aber er ist klein und leicht zu übersehen. Er hat in einer Hosentasche oder einer Handtasche Platz, aber ebenso in einer Schale auf der Kommode, in der Schublade im Schränkchen auf dem Flur oder neben dem Stapel unerledigter Arbeit auf dem Schreibtisch.

Irgendwann kommt mir der Gedanke: Ich brauche jetzt meine Schlüssel! Und dann beginnt die Suche. Ich weiß eigentlich genau: Der Schlüsselbund kann nicht weg sein, er muss irgendwo im Haus liegen. Ich rechne fest damit, dass ich das Ding am Ende auch finde.

So einfach wie bei einem verloren geglaubten Schlüssel ist es bei Gott nicht. Gott ist nicht wie ein verlorener Gegenstand in dieser Welt. Er ist eine Wirklichkeit, die größer ist als unsere sichtbare Welt.

Suchen Sie Gott? Suchen Sie ihn noch? Oder haben Sie ihn schon gefunden – zumindest hier und da?

Gott zu suchen heißt, dahin zu sehen, wo er sich uns zeigt und für uns zu finden ist. Dort möchte ich Gott suchen, wo er klar und verbindlich zu mir redet. Das geschieht zum Beispiel ganz konkret in seinem Wort. Gottes Wort kommt zu uns, manchmal durch die Bibel. Dazu müssen wir sie lesen und manchmal spürt man: Das war jetzt wie für mich gedacht. Da habe ich Mut gefunden, oder bin durch ein Bibelwort ins Nachdenken geraten.

Manchmal kommt Gottes Wort zu uns durch einen Menschen, der uns genau das richtige sagt oder vielleicht ohne viele Worte in den Arm nimmt. Manchmal kommt Gottes Wort zu uns in einem Lied, in das ich meine Gefühle hineinsinge, weil ich keine eigenen Worte habe.

Gott verspricht uns: Ihr werdet mich finden! Gott geht nicht verloren, bleibt aber manchmal unentdeckt oder wird übersehen. Denn es gehört zu Gottes Wesen, dass er gerade dort zu spüren ist, wo wir es vielleicht am wenigsten erwarten.

Mit einem Gebet von Hermann Bezzel bitte ich: „Herr, gib allen, die Dich suchen, dass sie dich finden, und allen, die dich gefunden haben, dass sie dich aufs Neue suchen, bis all unser Suchen und Finden erfüllt ist in Deiner Gegenwart.” Amen

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Kommentare (1)

Christine G. /

Diese Andacht ist wirklich sehr schön.
Tief und gehaltvoll.