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Angesehen

Hans-Martin Stäbler über 1. Mose 16,13.

Es beginnt mit einer dramatischen Flucht. Die ägyptische Magd Hagar war von Abraham schwanger, weil Sara, Abrahams Frau, kinderlos geblieben war. Hagar floh allein in die Wüste. Die Eifersucht und die Demütigungen ihrer Chefin Sara konnte diese schwangere Magd nicht mehr ertragen. Häusliche Konflikte nahmen zu.

Als Flüchtlingsfrau begegnet sie mitten in der Wüste dem lebendigen Gott. Dies ist eine Erfahrung, die sich durch die ganze Bibel zieht und die auch heute sehr aktuell werden kann. Den lebendigen Gott lässt unser Leid und das Unrecht nicht kalt. Persönlich habe ich dies auch erlebt. Mitten in der Krise, als ich krank war oder als ich enttäuscht wurde, ist Gott mir besonders begegnet – sozusagen in bitteren Wüstenzeiten.

Dies ist eine großartige Erfahrung: Gott lässt uns nicht einfach ins totale Unglück rennen. Er hört unsere stillen und auch unsere lauten Hilferufe und sieht unsere vielleicht schwierige Lebenssituation. Gott nimmt uns ernst - auch dann, wenn andere Menschen uns missachten und ignorieren, wenn Mitmenschen einfach wegschauen. Diese Flüchtlingsfrau Hagar erlebt eine mutmachende Gottesbegegnung am Brunnen mitten in der Wüste und ruft dann mit ehrlichem Herzen:

„Du bist ein Gott, der mich sieht!“

So steht es im 1. Mosebuch, Kapitel 16, Vers 13. Dies ist eine Botschaft, die direkt auf Jesus Christus zeigt und uns bis heute neue Kraft geben kann. Bei Jesus entdecken wir, dass er die Menschen sah. Er nahm sie ernst, die beladenen Menschen in Galiläa, in Jericho, in Jerusalem. Jesus sah die Menschen mit ihren tiefen Lebensnöten.

So sieht er auch uns heute. Er sieht alle Einsamen und Ängstlichen. Er sieht alle, die in Konflikten stecken, die am liebsten der Lebenswirklichkeit entfliehen wollen. Er sieht die abgestempelten, die enttäuschten Menschen. Jesus sieht die, die am Rande unserer Städte und Dörfer leben. Menschen, die manchmal sogar mit der christlichen Gemeinde, zu der sie gehören, nicht mehr klarkommen. Manche kommen sich verlassen und wertlos vor. Jesus schenkt uns ein wirkliches Ansehen, im wahrsten Sinne des Wortes.

Durch seinen Liebesblick gibt er uns eine neue Würde und macht unser Leben wertvoll.

Für Hagar war die Gottesbegegnung am Brunnen ein wichtiger Einschnitt für ihr Leben. Sie wird den Wüstenbrunnen, an dem Gott sie ansah, nie mehr vergessen. Es ist und bleibt für sie ein gesegneter Ort, der zeigt: Gott übersieht keinen.

Ich hatte vor Jahren ein interessantes Erlebnis. Ich war in einem Jugendgefängnis in Südafrika unterwegs - in einem missionarischen Projekt. Wir wollten jungen Gefangenen den Wert des Lebens zeigen und ihnen neuen Mut machen. Viele von den Gefangenen hatten schwere, dramatische Ereignisse durch ihre Familien erlebt, die zu Straftaten führten.

Am Eingang dieses Jugendgefängnisses stand ein Junge. Er stand dort mit bitterem und dunklem Gesicht. Es war sein Entlassungstag nach einer harten Strafe. Er wusste nicht, was kommt.
Ich ging auf ihn zu und gab ihm die Hand und schaute ihm fröhlich in die Augen. Ich fragte ihn, wohin er gehen wird, wer ihn erwartet und er erzählte mir, dass seine Mutter ihn abholt. Plötzlich bekam dieser Junge ein Strahlen ins Gesicht, er spürte: „Ich werde ernst genommen, ich bin nicht nur der letzte Dreck, der übersehen wird.“ Mit seinen Zukunftssorgen und Ängsten bekam er ein wenig Hoffnung, er wurde angesehen.

So sieht uns Gott heute auch an. Diese Erfahrung ist echtes Glück. Solch ein Glücksmoment wünsche ich jedem heute an diesem Tag.

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