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Wahrheit

Burkhard Theis über Johannes 8,31-32.

Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.

Johannes 8,31–32

Jesus befindet sich am Gotteskasten im Tempel und lehrt dort öffentlich. Ob der Standort beim Gotteskasten bewusst gewählt war? Hier spendete man und legte das Geld in den Opferstock, der an einer Schnittstelle im Tempel aufgestellt war, damit Frauen und Männer dort dazu die Gelegenheit hatten. Ansonsten gab es getrennte Räumlichkeiten für Mann und Frau. Der Gotteskasten - auch ein Ort, an dem man zeigen konnte, was man denn so einwarf.

Und genau dort redet Jesus über die Wahrheit, die frei macht. Eine Freiheit, die entsteht, weil man an seinem Wort, weil man an ihm, Jesus, dranbleibt.

Wer es mit Jesus als dem Licht und als Wahrheit zu tun bekommt, entdeckt zuerst seine Sünde, seine Trennung von Gott, die eigene Unfreiheit, das, worin er oder sie gefangen ist. Vielleicht der Geiz. Oder die Angst, zu wenig in der Zukunft haben zu können, wenn man zu großzügig gibt oder hilft. Ja, vielleicht ist der Gotteskasten ein Symbol für Abhängigkeit und Unfreiheit. Wer es mit dem Wort von Jesus und seiner Person zu tun bekommt, entdeckt sich selbst in der Tiefe. Denn es geht um Grundsätzlicheres als den Umgang mit dem Geld.

So ergeht es Petrus bei seinem außergewöhnlichen Fischfang am See Genezareth. Da sagt er zu Jesus: „Geh weg von mir, denn ich bin ein sündiger Mensch!“ Er saß im Boot, als Jesus predigte und diese Botschaft deckte auf, brachte ans Licht, was Petrus gefangen nahm. Die Sünde, von der er sich selbst nicht befreien konnte. Wie Paulus wollte Petrus das Gute, aber er tat das Böse. Das Gute, das ich will, tue ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. (Römer 7,19)

Diese Gesetzmäßigkeit, die Paulus später in Worte fasst, die kennt auch Petrus nur zu gut. Und jetzt, in der Begegnung mit Jesus, wird ihm das bewusst. Petrus erkennt die bittere Wahrheit: Ich bin ein Sünder! Mit dem heiligen Jesus in einem Boot, das halte ich nicht aus. So viel Licht in Jesus und so viel Finsternis in mir, das geht nicht. So viel Wahrheit in Jesus und so viel Lüge und Heuchelei in mir, das halte ich nicht aus. Wahrheit, die mir zeigt, wer ich bin. Wahrheit, die mir zeigt, was ich verloren habe. Wahrheit, die mir zeigt, was ich mir sehnsüchtig wünsche.

Ist es das, was der sogenannte verlorene Sohn am Schweinetrog für sich erkennt? Die Wahrheit über sich selbst? Meine erpresste Freiheit vom Vater hat mich schließlich an den Schweinetrog gebracht. Einsam, ohne Freunde. Ja, in der Gemeinschaft mit dem Vater, zu Hause, da war es gut! Warum bin ich nur weg aus dieser Gemeinschaft?

Wahrheit über mich selbst. Das ist das eine, was in der Begegnung mit Jesus passiert. Und das andere, dass er eben nicht weggeht, wie Petrus es will, sondern diesen Petrus, diesen wahrhaftigen Sünder, beruft in die Nachfolge und zu einem ganz besonderen Auftrag.

Berufung zur Nachfolge, Berufung, um zu tun, was Jesus will, ist zugleich die Berufung in Freiheit. Denn wenn ich seinen Willen tue, bin ich frei. Frei von mir selbst - und befreit dazu, nicht nur mich selbst zu lieben, sondern auch meinen Nächsten. Frei von mir selbst - und befreit vom ängstlichen Blick auf mein Geld und befreit, es für den Ärmeren in den Gotteskasten zu legen.

Anders als Petrus reagieren die Zuhörer am Gotteskasten. Am Ende seiner Rede suchen sie nach Steinen, um sie auf Jesus, den Weg, die Wahrheit und das Leben zu werfen. Damit sind sie Jesus los, aber sie selbst bleiben weiter gefangen. Das will ich anders machen.

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Kommentare (1)

Ulrich H. /

Vielen Dank für die Auslegung!