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Festhalten, was festhält

Christoph Wolf über Hiob 16,19.

Siehe, auch jetzt noch ist mein Zeuge im Himmel, und mein Fürsprecher ist in der Höhe.

Hiob 16,19

Stellen Sie sich vor, sie haben einen guten Freund, dem sie total vertrauen. Er hat Ihnen oft geholfen, Sie reich beschenkt, Sie können sich keinen besseren Freund vorstellen. Doch über Nacht und ohne Vorwarnung scheint sich diese Freundschaft in Feindschaft zu verwandeln. Sie sind sich keiner Schuld bewusst und können sich diese Entwicklung nicht erklären. Plötzlich ist Ihr Freund gegen Sie, aber nicht nur mit Worten, sondern er beraubt Sie, fordert zurück, was er Ihnen einst geschenkt hat und wünscht Ihnen sogar die Pest an den Hals. Das ist nicht vorstellbar. So etwas kann es doch gar nicht geben. Denke ich. Sicher, es zerbrechen Freundschaften, aber dass eine Freundschaft sich so ins Gegenteil verkehrt, das ist vermutlich eher selten. Gott sei Dank!

„Gott sei Dank!“, das hatte der Mann gerade noch aus vollster Überzeugung gesagt, dem genau das passiert ist. Über Nacht hat er alles verloren, was sein Freund ihm geschenkt hat. Ich rede von Hiob und seiner leidvollen Geschichte mit seinem Freund, mit Gott. Hiob hatte alles, was er sich nur denken konnte. Und er wusste: Ich habe all meinen Reichtum und mein ganzes Glück Gott zu verdanken. Und er dankte es Gott auch. Er war ein frommer Mann. Doch dann, über Nacht hat er alles verloren: Seine Familie, seine Tierherden, all sein Hab und Gut. Schließlich, als ob das nicht genug wäre, wurde er auch noch krank, er bekam Aussatz. So geschlagen saß er in der Asche und kratzte sich mit einer Scherbe die eitrigen Schwären. Da Hiob alles, was er hatte, Gott verdankte, war ihm auch klar, dass dieser Gott ihm nun auch alles genommen hat. Kein blindes Schicksal hatte zugeschlagen. Er war in die Hände des lebendigen Gottes gefallen. Ein paar Freunde hörten von seinem Leid, kamen zu ihm und setzten sich schweigend neben ihn in die Asche. Sieben lange Tage saßen sie so. Bemerkenswert, wirklich echte Freunde.  Doch dann ergriffen sie, einer nach dem anderen, das Wort. Was sie sagten, war für Hiob wie ein zusätzlicher Tiefschlag. Sie mahnten ihn, Buße zu tun, denn nach ihrem Bild von Gott hatte Hiob selbst schuld an seinem Leid. Denn Gott, so glaubten sie, regierte wie ein ehernes Gesetz. Auf Sünde und Schuld folgt die Bestrafung. Bei ihnen galt der Satz: „Jeder ist seines Glückes Schmied“. Für Glück und Unglück ist der Mensch selbst verantwortlich. Gott reagiert nur und gibt dem Menschen, was er verdient. Und deshalb, so meinten die Freunde, muss Hiob Gott nur um Vergebung bitten, dann würde es ihm wieder besser gehen. Doch Hiob war sich wirklich keiner Schuld bewusst. Lange hört er sich die Vorwürfe seiner Freunde an, doch dann wurde es ihm zu bunt. Er verbat sich diese Vorwürfe und sagt ihnen, dass ihre klugen Worte keinen Trost bringen. Und da er schon einmal dabei war, erneuerte er all seine Vorwürfe gegen Gott: Er hat mich krank gemacht, mich zerstört, mir alles genommen, mich in die Hände der Gottlosen übergeben, ich war im Frieden – aber er hat mich zunichte gemacht usw. usw.

Doch mitten in diesen Vorwürfen gegen Gott sagt Hiob den bemerkenswerten Satz, der heute die Losung der Herrnhutergemeine für diesen Tag ist: „Siehe, auch jetzt noch ist mein Zeuge im Himmel, und mein Fürsprecher ist in der Höhe.“  Hiob 16,17

Trotz allem, was er erlebt und erlitten hat, weiß Hiob keinen anderen Halt als bei Gott.

Bei dem Gott, dem er all sein Glück verdankt und dem er all sein Unglück zuschreibt.  Festhalten was festhält! 

Was unter Menschen möglich ist, dass Freundschaft zerbricht und zu Feindschaft wird, das ist bei Gott nicht möglich. Er zumindest kündigt uns die Freundschaft nicht auf, auch wenn es manchmal vielleicht so aussehen mag und wir es verdient hätten.

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Kommentare (1)

Heinrich D. /

Danke, dass war sehr, sehr gut.