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Christen sind Pilger

Jürgen Werth über Psalm 84,6.

Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln!

Psalm 84,6

Sie sind nicht zu übersehen. Und kaum zu überhören. Kleine und große Gruppen von Menschen, Kinder, Mütter, Großväter. Durchs Jordantal, über die Hügel und Berge Galiläas und Judäas. Alle sind unterwegs nach Jerusalem, nach Zion, zu einem der wichtigen Wallfahrtsfeste, vielleicht zum Laubhüttenfest. Ja, Wallfahrer sind sie. Pilger. Sie erzählen, und sie singen. Immer wieder stimmt einer eines der traditionellen Wallfahrtslieder an. Manche sind uns im alttestamentlichen Buch der Psalmen überliefert. Wenn auch nur die Texte. Leider.

Eines dieser Lieder kennen wir als Psalm 84. Daraus stammt das Losungswort der Herrnhuter Brüdergemeine für heute: „Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten und von Herzen dir nachwandeln.“ Immer weiter singen sie. Das kostet keine Kraft. Das bringt Kraft! Sie singen: „Wenn wir durchs dürre Tal ziehen, wird es uns zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen. Wir gehen von einer Kraft zur anderen und schauen den wahren Gott in Zion.“ Ja, sie gehen und leben, sie denken und fühlen ihrem Gott hinterher. Er ist ihr Ziel und ihr Weggefährte. Er geht voraus. Und ist doch gleichzeitig ganz nahe bei ihnen.

Das macht Wallfahrer aus. Pilger.

Das Wort stammt vom lateinischen Wort „pelegrinus“ und bedeutet „in der Fremde sein“. Im Kirchenlatein ist der Pelegrinus ein Mensch, der aus Glaubensgründen seine Heimat verlässt und in die Fremde zieht, eine Wallfahrt unternimmt zu einem Pilgerort.

Der kann zum Beispiel in Israel liegen. Da war ich schon oft. Viele Jahre lang immer wieder auch mit Klaus Vollmer. Der hat uns das auch immer wieder gesagt: Wir sind keine Touristen, die sich einfach nur mal umschauen wollen. Wir sind Pilger. Denn wir sind ja vor allem aus Glaubensgründen in die Fremde gezogen. Auf der Suche nach den Stätten, die in unserem Glauben eine zentrale Rolle spielen. Wir wollen seiner Geschichte mit der Welt näherkommen. Und ihm. Wir sind unterwegs zu Gott und mit ihm.

Das gilt ja nicht nur für solche Pilgerreisen. Das ganze Leben von Gläubigen wird oft mit dem Weg eines Pilgers verglichen. Etwa in diesem Lied von 1901, gedichtet von Freda von Bethmann-Hollweg, das nicht zufällig an Psalm 84 erinnert:

Es pilgert durch die Lande
erlöst die sel'ge Schar.
In ihren Reihn tönt leise
ein Lied gar wunderbar.

Es klingt im Land der Tränen
wie sel'ger Jubelklang
und dringt mit tiefem Sehnen
zum Herrn als Lobgesang.

Wir Christen sind Pilger. Wir sind zu Gott unterwegs und mit ihm. Und wir haben ein Ziel. Manchmal das irdische Jerusalem, vor allem aber das himmlische. Um dort nicht mehr nur zu glauben an den lebendigen Gott, sondern „zu schauen den wahren Gott in Zion.“

Und: Er kommt selber mit. Er geht sogar voraus. Und er kennt den Weg.

Er nämlich hat sich auch auf eine Pilgerreise begeben. Die merkwürdigste, denkwürdigste Pilgerreise der Weltgeschichte war das. Gott begibt sich auf Pilgerfahrt. Pilgert zu den Menschen. Vor ein paar Wochen noch haben Sie´s vielleicht gesungen:

„Er kommt aus seines Vaters Schoß und wird ein Kindlein klein,
er liegt dort elend, nackt und bloß in einem Krippelein.
Er wird ein Knecht und ich ein Herr, das mag ein Wechsel sein!
Wie könnt es doch sein freundlicher das Herzejesulein?“
(Nikolaus Hermann, um 1550)

Wir sind immer mit diesem Menschengott unterwegs. Pilgern an seiner Hand. Achten auf seine Weisungen. Leben von den Lebens-Mitteln, die er schenkt. So kommen wir auch auf dürren Wüstenwegen nicht um. Er ist die Stärke, mit der wir es ans Ziel unseres Lebens schaffen.

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Kommentare (6)

Christiane D. /

So wunderbar beschrieben, wir Pilger - ER Pilger zu uns, ich kann diese Andacht immer wieder, bis ich's verinnerlicht habe!! DANKE!

Vanessa L. /

"Und" auch ich gehöre zu denen, die Herrn Jürgen Werth für seine warmherzige Art und seine Texte vorbehaltlos danken zu können in der Lage sind :-)
(Ooops - und was war das nun wieder für ein Satz ... ?)

Leole /

Ach, wie nebensächlich ist der Schreibstil, wenn das Herz spricht

Ute K.-S. /

Lieber Ulrich H.
...und ich bin begeistert von Jürgen Werths Schreibstil. Holzschnittartig aneinandergereihte Kernaussagen. Ohne Schnickschnack. Und dann seine Art vorzulesen. Man wird mehr

Ulrich H. /

Ah, Jürgen Werth mal wieder, der "große Meister"! Ich freue mich von ihm zu lesen. Obwohl : manchmal frage ich mich, wo er im Deutschunterricht war, als man gelernt hat, dass man Sätze nicht mit mehr

Hans H. /

Danke Jürgen Werth für diese wunderbaren u. aufbaue nden Worte, die mir u. sicher auch vielen anderen Hoffnung geben.