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/ Wort zum Tag

Gottes Heil in der Bahnhofshalle

Andreas Schenk über Psalm 98,2.

Der HERR lässt sein Heil verkündigen; vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.

Psalm 98,2

Ich stehe in der belebten Bahnhofshalle und rufe diesen Satz den vorbeigehenden Menschen zu. Zwei-, dreimal wiederhole ich ihn. „Der HERR lässt sein Heil verkündigen;  vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.“ Psalm 98,2

Die meisten Leute gehen einfach weiter. Einige werfen mir einen mitleidigen Blick zu. Nur wenige scheinen wirklich zuzuhören. Niemand aber fragt: „Was soll das? Was heißt das??“ Und da ist auch keiner, der ruft: „Einspruch! Von dieser Gerechtigkeit sehe ich herzlich wenig. Soll Gott doch endlich damit beginnen.“ Nichts von alledem bekomme ich zu hören. Der Inhalt scheint an den Menschen abzuperlen: „Der HERR lässt sein Heil verkündigen; vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.“ Psalm 98,2

Leider habe ich diese Worte nicht in die Bahnhofshalle hinausgerufen. Ich habe es nicht gewagt. Ich habe mir bloß vorgestellt, wie es sein könnte, wenn ….

Ich würde mir manchmal mehr Einspruch wünschen. Als Christ, als Pfarrer. Denn nicht Widerspruch, sondern Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit tun der Kirche am meisten weh. Das „Was geht das mich an?“, „Was hat das mit mir zu tun?“.

Die Antwort auf solche Fragen ist nicht einfach. Das gilt auch bei der bereits mehrfach zitierten Tageslosung aus Psalm 98,2: „Der HERR lässt sein Heil verkündigen; vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.“

Das hebräische Wort für „sein Heil“ könnte auch mit „sein Befreien“ verdeutscht werden. Es ist ein Schlüsselwort für den ganzen Psalm. Es geht um die befreiende Kraft Gottes. Dieses Befreien ist im Psalm auf das Volk Israel bezogen. Heil meint Befreiung aus dem Exil, aus unguter Abhängigkeit, aus Unrechtszuständen. Das ist konkret erfahrbar. Da geht es um das Leben hier auf dieser Erde, das Diesseits.

Doch wenn wir an die schmerzhafte Geschichte des Gottesvolkes denken, scheint die Kluft zwischen der Realität und den Worten groß zu sein. Und manche leidgeplagten Völker könnten einstimmen.

Und wir? Was verstehen wir unter „Gottes Heil“, seiner befreienden Kraft? Viele haben den Glauben an ein universales Königreich Gottes in eine andere „Erfahrungswelt“ verschoben. Oder sie deuten ihn individuell um. Doch - wird das dem Text gerecht? Ich denke, nein. Und es passt für mich auch nicht zum Christusglauben.

Wenn es um „Heil“ und Befreiung in dieser Welt geht, dann sollten wir das Feld nicht irgendwelchen Ideologinnen und Ideologen überlassen.

Wir sollten uns konkret dafür einsetzen, davon reden und träumen. Ich kann Zeit mit einem einsamen Menschen verbringen. Ich kann für Menschen einstehen, die am Rande stehen. Ich kann mich entscheiden, mit einem Teil meines Einkommens die Unabhängigkeit anderer Menschen zu fördern. Ich kann … und SIE können auch.

Unser Tun mag klein und bescheiden sein. Aber es kann ein Teil von Gottes befreiendem Handeln sein. Und vielleicht wage ich es dann eher, die Tageslosung wirklich einfach jemandem zuzurufen:

„Der HERR lässt sein Heil verkündigen; vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar.“ Psalm 98,2

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Kommentare (1)

Karlotto /

Wie könnte manfrau die frohe Botschaft so attraktiv machen, dass die "Kirche" so Zulauf bekommt wie ein begehrtes PopKonzert, - sicher nicht mit Versprechungen fürs Jenseits - sondern mit mehr