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Eigentlich …

Friedhelm Geiß über Johannes 18,20-21.

Jesus antwortete dem Hohenpriester: Ich habe frei und offen vor aller Welt geredet. Ich habe allezeit gelehrt in der Synagoge und im Tempel, wo alle Juden zusammenkommen, und habe nichts im Verborgenen geredet. Was fragst du mich? Frage die, die gehört ha

Johannes 18,20–21

Eigentlich... „Eigentlich sollte ich mehr Sport treiben,…“; „Eigentlich sollte ich gesünder essen,…“; „Eigentlich wollte ich mehr beten,…“; „Eigentlich hat er ja Recht,….“; Ich weiß eigentlich, was bei mir dran wäre, aber…“.

„Eigentlich“ ist ein merkwürdiges Wort. Eigentlich meint eigentlich: „so ist es wirklich“. Gebraucht aber wird es für einen guten Vorsatz, der leider nur Wort, Gedanke oder Traum geblieben ist. Oder ist es der berühmte „innere Schweinehund“, der mich hindert, das zu tun oder anzuerkennen, was mir längst klar ist?

Der Ansatz ist da, aber die Kraft zur Verwirklichung fehlt. Die Erkenntnis ist da, aber die Anerkenntnis würde zu viel Konsequenzen fordern. „Eigentlich“ ist der Grenzstein zwischen innerem Wollen und äußerer Realität. Dieses Verhalten zieht sich durch die gesamte Menschheitsgeschichte. Besonders deutlich wird das in der Passionsgeschichte. Im Johannesevangelium, Kapitel 18 lesen wir:

Jesus antwortete dem Hohenpriester: Ich habe frei und offen vor aller Welt geredet. Ich habe allezeit gelehrt in der Synagoge und im Tempel, wo alle Juden zusammenkommen, und habe nichts im Verborgenen geredet. Was fragst du mich? Frage die, die gehört haben, was ich zu ihnen geredet habe.“ (Johannes 18,20-21)

In einem Vorverhör versucht der Hohepriester Hannas, Jesus belastende Aussagen zu entlocken. Er befragt ihn zu seinen Jüngern und zu seiner Lehre. Gerne wollten sie Jesus als Verführer anklagen. Jesus aber lässt sich nicht darauf ein, sondern weist von sich weg auf Augen- und Ohrenzeugen in der Öffentlichkeit. Seine Arbeit geschah nicht geheimnisvoll aus dem Hintergrund, sondern öffentlich dort, wo Lehre und Meinungen und Taten überprüft werden konnten. In der Synagoge und im Tempel.

In Jerusalem gab es genug Leute, die bezeugen konnten, was Jesus gelehrt und gesagt hatte. Eigentlich hätte Hannas Jesus Recht geben müssen. Aber was nicht sein durfte, konnte nicht sein. Deshalb werden für die anschließende Verhandlung beim Hohepriester Kaiphas, das wissen wir aus dem Matthäusevangelium, falsche Zeugen organisiert und mit entsprechenden Aussagen geimpft. Doch die widersprechen sich. Der Prozess droht zu scheitern.

Schließlich hält der Hohepriester Kaiphas die entscheidende Wahrheit Jesus hin: „Schwöre, bist du der Christus, der Sohn Gottes?“ Spannend ist, dass Kaiphas hier genau die Worte aufnimmt, die auch Petrus im Messiasbekenntnis ausgesprochen hatte. Und Jesus antwortet darauf: „Du hast es ausgesprochen!“ Meint – du kennst die Wahrheit.

Die Jesus richten, sagen die größte Wahrheit. Oder war es Verblendung? Eigentlich hätten sie Jesus erkennen müssen - als Messias und Sohn Gottes, aber das ließ ihre gesellschaftliche Stellung und religiöse Meinung nicht zu. So schafften sie ihn aus dem Weg. Aber die Wahrheit lässt sich nicht töten.

Was hier geschah, wiederholt sich immer wieder. Wider besseres Wissen werden immer wieder Urteile gefällt, Meinungen verbreitet, Stimmung gemacht. Und manchmal kommt es mir vor wie bei jenem starken Raucher, der sich ärgerte über den Artikel über die Gefährlichkeit des Rauchens in der Zeitung. Er kündigte daraufhin den Bezug der Zeitung.

Wie gut, dass Jesus den Weg des Leidens für uns gegangen ist. Wie gut, dass er dadurch für jeden und jede die Chance zum Neubeginn eröffnet hat. Wie gut, dass durch Kreuz und Auferstehung neues Leben entstehen und wachsen kann und aus „eigentlich“ auch ein „Ja – ich werde…“ werden kann.

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