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/ Wort zum Tag

Eine Segensgeschichte

Siegfried Meier über 4. Mose 6,25.

Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.

4. Mose 6,25

Ich zucke immer zusammen, wenn es in den Nachrichten heißt, dieses oder jenes Gremium habe irgendeinen Plan „abgesegnet“. Ich weiß, was die meinen: Sie haben zustimmend genickt. Als würden sie ein Schlusswort dazu sprechen. Ein Schlusswort ist der Segen, keine Frage, kennen wir ja aus unserem Gottesdienst. Aber Gott segnet uns nicht ab, sondern spricht uns den Segen zu. Das Kreuz tritt dazu. Segen kommt von Gott und geht durch unser Leben. Luther sagte ja auch, segnen heißt eigentlich mehren, vermehren. Als Gesegnete gehen wir in die Woche, zu den anderen. Und das kommt im Bibelwort aus dem 4. Buch Mose Kapitel 6, Vers 25 klar zum Ausdruck: „Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.“

Gott meint es gut mit dem Menschen, er zeigt den Menschen sein freundlichstes Gesicht, sein freundliches Angesicht, was leuchten soll und auf den Menschen gelegt wird, wie die Sonne ihre Strahlen über die Landschaft legt und erhellt, erwärmt, erheitert. Das ist aber wie in einer guten Beziehung zwei-seitig. Das hat das Volk Israel von Anfang an gemerkt oder eben lernen müssen: „Israel kann nur leben im Angesicht Gottes, d.h. in Gottes Gegenwart.“ Und: es gibt „nur da Leben, wo Gott hinschaut“ (Hermann Spieckermann). Nicht umgekehrt: Wo nur Verzweiflung ist, da ist Gott nicht, da schaut er nicht hin, sondern: Wir bitten Gott um seinen Segen, dass wir nicht ohne ihn, ohne Gott sind, dass unser Leben nicht in Verzweiflung läuft und endet. Der Segen erinnert uns an Gottes Handeln. Und daran, wer bewahrt, wer rettet, wer Leben fördert. Darum ist der Segen so wichtig.

Man könnte unsere Geschichte als Geschichte des Segens Gottes erzählen. Aber das heißt nicht, dass sie für uns einfach eine Erfolgsgeschichte wäre, gerade von unten nach oben und durch die Decke. Das mag es ja geben, aber es sind Ausnahmen. Mir wäre angst, wo es nur aufwärts geht. Manche Segensgeschichte ist eine Krankheitsgeschichte. Manche, wie gesagt. Auch die Geschichte des Volkes Israel und die der christlichen Kirche geht nicht einfach aufwärts, die führt durch Krisen und zeigt, wie zerbrechlich wir Menschen sind – und wie verlässlich der Segen Gottes mit uns geht.

Bei unserem letzten Klassentreffen bin ich ihr nach Jahren wieder begegnet. Biologie hat sie studiert, Veterinärmedizin auch noch, Tierärztin wollte sie werden, guter Abschluss, dazu einen Mann, der Betriebswirt war. Dann wurde das erste Kind geboren, geistig behindert. Die Tierärztin blieb zu Hause, der Mann stieg im elterlichen Geschäft seiner Frau ein, ein zweites Kind kam, der Betrieb wurde Richtung Konkurs gefahren, die Ehe auch. Sie schickt ihren Mann in die Wüste. Ihre Eltern kümmern sich verstärkt um die Kinder, sie steigt fachfremd ins Geschäft ein, wird Geschäftsführerin, schafft es, alles wieder auf Kurs zu bringen. Ich staune und frage, wie sie das alles hat stemmen können – und sie gibt mir mit einem Blick zu verstehen, dass sie das nicht aus sich heraus hat – und ich entdecke, dass Gott seine Leute nicht im Stich lässt.

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.“ Und dann: „Der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“ Was mit dem Segnen in Gang kommt, endet im Frieden. Gott gewährt Schutz im bedrohten Bereich des persönlichen Lebens, setzt Frieden im empfindlichen Bereich des sozialen Miteinanders. Der Segen mit der Geste des Kreuzes ist das letzte Wort, was wir aus dem Gottesdienst mitnehmen, hinein in das Miteinander, an dem sich bewährt, dass wir mit Gottes gnädig zugewandtem Gesicht in den Tag gehen.

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Kommentare (3)

Ruth W. /

Lieber Herr Meier,
Vielen Danke für die Andacht, die mich sehr ermutigt hat. Ich durchlebe gerade eine schwere Krankheit, Stimmlippenkrebs. Bin operiert und es geht langsam aufwärts, aber ich darf mehr

Erhard B. /

Gott erleuchtet uns durch seinen Geist. Er vergibt uns durch seinen Sohn, der für unsere Schuld am Kreuz gestorben ist und er will, dass wir auch anderen vergeben.

Volker B. /

Danke! Das waren die richtigen Worte zur richtigen Zeit!