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Fever Ray im Zombielook
Foto: Karolina Pajak

Keine Angst vor Hits

Zombieparty im Büro

Karin Dreijer alias Fever Ray ist mit einem gruseligen neuen Song zurück, Die Nerven veröffentlichen ihr „schwarzes Album“ und Ibeyi können nicht genug vom Verliebtsein bekommen. Außerdem: „Keine Macht für Niemand“ – ein neuer Ton Steine Scherben-Songcomic. Das und mehr in unserem Musik-Update Keine Angst vor Hits.

Neue Alben

Die Nerven – Die Nerven

Einen Rockinfarkt bekäme er von dem Song “Keine Bewegung” der Band Die Nerven – so hat es der Internet-Humorist El Hotzo formuliert und das kann man getrost auf das ganze fünfte Die Nerven-Album übertragen, das die Band nach sich selbst benannt hat. Seit zwölf Jahren macht das Stuttgarter Trio aus Kevin Kuhn, Julian Knoth und Max Rieger Musik zwischen Postpunk und Noiserock. Ob ihr “schwarzes Album” (das Cover ziert ein schwarzer Schäferhund vor schwarzem Grund) auch ein Meilenstein wird, wie das von Metallica zum Beispiel, wird sich zeigen – ein Brett ist es auf jeden Fall. Die Texte für das Album sind schon 2018/19 entstanden, aber vage und zeitlos genug, dass man sich auch heute darin wiederfinden kann. Ihre Mischung aus großer Geste, catchy Hooks und Kante ergibt zehn Gegenwartsbetrachtungen mit Schaum vor dem Mund.

Liraz – Roya

“Together we’ll make a revolution/ Until when will we be quiet?/ Until when will we lower our heads?/Until when will we bend our knee?“ Zeilen aus dem Song „Zan bezan“ von Liraz aus ihrem letzten Album „Zan“ von 2020. Das neue Album „Roya“ – Fantasie – könnte zu keinem passenderen Zeitpunkt erscheinen. Für die Songs hat die persisch-israelische Sängerin und Schauspielerin mit Musiker*innen aus dem Iran zusammengearbeitet. Ein großes Risiko, denn für das Mullah-Regime ist Israel der Erzfeind. Das Ergebnis dieser Untergrund-Kollaboration ist umso gelungener. Auf „Roya“ erklingen moderne und retroesque Tanzmelodien mit nahöstlichem Flair, Synthieflächen und Streichern, schmissige Riffs und Beats, die einen auf die Tanzfläche schieben. In den Texten geht es meistens um Liebe, aber auch um das Sehnen nach Freiheit und sich zeigen können. Woman, Life, Freedom!

Nnamdi – Please Have A Seat

Nnamdi Ogbonnaya hat einen Abschluss als Elektroingieur gemacht, in jeder freien Minute aber Songs geschrieben und in Bands gespielt, u.a. in einer Punkband, Screamoband und in einer Grimecoreband. Seine eigene Musik ist auch extrem vielgestaltig, das Album “Brat” von 2020 vereint Pop, Indierock und Mathrock und hat ihn einem etwas größeren Publikum bekannt gemacht. Danach kam eine Punkrock-EP und ein Jazz-Album. Auf der neuen Platte “Please Have A Seat” hat er sich endlich mal Zeit genommen, um im Moment zu sein, ohne zum nächsten zu hetzen, sagt er selbst. Er hat alles geschrieben, alle Instrumente gespielt und die Songs auch produziert. Seine experimentellen Popsongs schwenken auch mal Richtung Mathrock, Rap, oder warten mit einem Arenarock-Gitarrensolo auf – alles immer sehr zugänglich und mit einem Augenzwinkern.

Neu auf der Playlist

Fever Ray – What They Call Us

Seit fünf Jahren hat man nichts mehr von der schwedischen Musikerin Fever Ray gehört, das Alter Ego von Karin Dreijer Andersson, die auch als Hälfte der schwedischen Avantgarde-Pop-Band The Knife bekannt ist. Auf ihren zwei bisherigen Alben als Fever Ray hat sie sich der Schattenseite von Mutterschaft gewidmet oder dem Queer-Sein. Im Musikvideo zur neuen Single „What They Call Us“ sieht Karin Dreijer nun ein bisschen aus wie die Comicfigur Joker: Mit weiß geschminktem Gesicht, grün umrandeten Augen und Lippen trägt Dreijer einen etwas zu großen grauen Anzug und einen Schlips mit Smileys drauf. Zunächst bewegt sie sich in einem trostlosen Bürokomplex. Irgendwann verwandelt sich die Szenerie allerdings in eine wilde Partyszene, in der sich aufs heftigste aus den Büroklamotten, Schlipsen und Blusen herausgeschält wird. Bei der stets politisch motivierten Künstlerin Dreijer könnte es sich dabei durchaus um Kapitalismuskritik handeln. Dazu passt der heruntergepitchte Gesang und die bedrohlich wabernden Synthies.

Derya Yıldırım & Grup Şimşek – Gümüş

Die Hamburger Musikerin Derya Yıldırım mischt seit ihrem Debütalbum „Kar Yağlar“ 2019 psychedelische Klänge, mit anatolischem Folk, Pop und Jazz. Die studierte Bağlama-Spielerin und Sängerin hat letztes Jahr ihr zweites Album „Dost 1“ veröffentlicht, dessen Nachklapp „Dost 2“ nun im November folgt. Der Titel der neuen Single „Gümüş“ bedeutet übersetzt „Silber“, aber beschreibt auch einen bestimmten Seelenzustand im Moment zwischen Leben und Tod. Entsprechend emotional ist dieser Song, den Yıldırım schmachtend interpretiert und der durch ein Cembalo ein Kammerpop-Feeling bekommt. Passend dazu ist das Musikvideo in schwarz-weiß gehalten und erinnert nostalgisch an alte Stummfilme.

Ibeyi – Juice of Mandarins

Es ist noch gar nicht so lange her, dass die letzte Platte der afro-kubanisch französischen Zwillinge Ibeyi veröffentlicht wurde: Im Mai haben wir mit den beiden über ihr aktuelles Album „Spell 31“ sogar in einer Bonus-Folge von Keine Angst vor Hits gesprochen. Ein Album, auf dem es um Heilung, um Achtsamkeit, aber auch Magie ging. Auf der neuen Single klingen Ibeyi durch und durch beglückt: Laut Lisa-Kaindé ist „Juice of Mandarins“ das schönste Liebeslied, das sie jemals geschrieben habe. Sanfte Perkussions und Beats versetzen uns und die Zwillinge in den Zustand des verträumten Verliebtseins, in dem man manchmal fast glaubt zu fliegen. Entstanden ist der Song für den YouTube Channel COLORS und nun als Single verfügbar.

Popschnipsel

Wenn man ein Gefühl dafür bekommen will, wie sich das Leben für junge Menschen in den 70ern in Westberlin angefühlt hat, kann man entweder Christiane F lesen oder/und Ton Steine Scherben hören. Deren Album “Keine Macht für Niemand” feiert diesen Monat seinen 50. Geburtstag. Anlässlich dieses Jubiläums erscheint am 10. Oktober der Songcomic „Keine Macht für Niemand“ beim Ventil Verlag, in dem elf Comiczeichner:innen verschiedener Generationen und Stile die Songs visuell interpretieren und die Lyrics so um Perspektiven ergänzen und erfahrbar machen.

Unseren Musikpodcast „Keine Angst vor Hits“ könnt ihr hier hören und abonnieren. Und wer unserer gleichnamigen Spotify-Playlist folgt, bekommt noch mehr musikalischen Input.

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