Nach der Auszeit
In diesem Jahr feiert eines der erfolgreichsten deutschen Electro-Pop-Projekte seinen 20. Geburtstag: Der Schulterschluss von Musiker Sascha Ring, auch bekannt als Apparat, mit dem DJ- und Produzenten-Duo Modeselektor, bestehend aus Gernot Bronsert und Sebastian Szary als Moderat. Fast wäre es dazu gar nicht gekommen: Nach drei gefeierten Alben und ausgedehnten Touren rund um den Globus hatten Moderat 2017 eine Auszeit auf unbestimmte Zeit angekündigt. Die Zeit des Corona-Lockdowns half dabei, wieder Zeit für die Weiterentwicklung ihres melancholisch-elektronischen Popkosmos zu finden. Mit dem vierten Album „MORE D4TA“ – ein Anagram für „Moderat 4“ – starten Moderat nun in eine neue Schaffensphase.
Wir machen Moderat auch, weil wir nach einer Beschäftigung gesucht haben, die wir zusammen machen können. Da wir weder Fußball spielen, noch ein Handwerk ausüben oder so, sind wir dann als Laptop-Boyband passiert. Und dieses Gefühl kommt immer sehr schnell zurück: Man packt uns in einen Raum und lässt es einfach laufen. Da wir seither immer aus dem Bauch agieren, stellt sich automatisch eine Moderat-Stimmung ein. Es ist schön, dass man sich darauf verlassen kann.
Ein Tool als Ausgangspunkt
Den Grundstein zur ersten Single-Auskopplung „Easy Prey“ legt – wie könnte es bei einer elektronischen Band auch anders sein – ein technisches Tool: Der warme Sound eines Chord-Generators, gebastelt von Co-Produzent Philipp Timm, inspiriert Sänger Sascha Ring, einen emotionalen Songtext aus seiner Schublade hervorzuholen. Er erzählt davon, wie es sich anfühlen kann, in einer Liebesbeziehung angreifbar und emotional abhängig zu sein. Ein Thema, das sich auch auf den Bandkontext übertragen lässt.
In einer Liebesbeziehung – wie auch in anderen Beziehungen – geht es oft um das richtige Verhältnis zwischen der persönlichen Freiheit und Kompromissen und Anpassung. Das ist eine Balance, die es zu finden gilt. Lustigerweise auch in dieser Band – die ist ja auch eine Art Liebesbeziehung. Hier gibt es auch viele Kompromisse, die eingegangen werden müssen.
Grime-Beat trifft auf Emo-Ballade
Ohne Offenheit und Kompromissbereitschaft hätte es auch ein Grime-Beat nicht in den Song „Easy Prey“ geschafft. Dieser kommt ohne Hi-Hat zum Einsatz und trifft auf ein ungewöhnliches Setting: statt schroff gerappter Textzeilen, trifft er auf melancholischen Gesang und ein Synth-Bett mit Wink Richtung Science-Fiction-Soundtrack.
Sascha hat sie immer Harry-Potter-Fläche genannt. Aber das ist Elfi, eine Referenz zu Stranger Things‘ Eleven. In der Native Instruments User Library haben ein paar Nerds einen Synthesizer gebaut, der heißt Demogorgan, wie dieses dämonische Parallel-Universums-Wesen.
In dieser Folge von Tracks & Traces nehmen Moderat ihren Song „Easy Prey“ Spur für Spur auseinander. Ihr hört das erste Demo, das Sascha mit seinem iPhone aufgenommen hat. Wie sich die erste Skizze dann in eine ganz andere Richtung entwickelt. Und was Depeche Mode mit all dem zu tun hat.