Play
Sleater-Kinney
Foto: Karen Murphy

Keine Angst vor Hits

Retropop und Futurismus

Aloa Input schauen in die Zukunft, Maurice Summen wagt ein Experiment und Little Simz empowert die ganze Welt. Außerdem: Was geht bei den Brit Awards? Das und mehr in unserem wöchentlichen Musik-Update Keine Angst vor Hits.

Neue Alben

St. Vincent – Daddy’s Home

Annie Clark hat mit ihrem Musikprojekt St. Vincent eigentlich schon alles erreicht, was man als junge Musikerin so erreichen kann. Sie hat fünf viel gelobte Alben veröffentlicht, tonnenweise Preise abgeräumt, stand mit den Resten von Nirvana auf der Bühne und hat schon mit so unterschiedlichen Musikerinnern und Musikern wie den Gorillaz, Taylor Swift oder Sleater Kinney zusammengearbeitet. Trotz all dieser Erfolge hat ihre Leidenschaft für die Musik kein bisschen abgenommen. Das beweist sie sehr eindrücklich mit ihrem neuen Album „Daddy’s Home“. Den Schaffensprozess des Albums hat ganz entscheidend die Entlassung ihres Vaters aus dem Gefängnis geprägt. Vor allem die Soul- und Funk-Musik der 70er, die Annie Clark früher viel mit ihrem Vater gehört hat, bildet das musikalische Fundament auf dem „Daddy’s Home“ entstanden ist. Und das ist auch dank Annie Clarks Ausnahme-Stimme eine absolut mitreißende Platte geworden.

Aloa Input – Devil’s Diamond Memory Collection

Aloa Input gelten als „Soupergroup des bayrischen Experimental Pops“. Die drei Musiker Florian Kreier aka „Angela Aux“, Christoph „Cico“ Beck, der etwa für The Notwist auf der Bühne steht und Marcus Grassl von der Band Missent to Denmark zelebrieren ihren Hang zur musikalischen Weirdness auch auf ihrem neuen Album „Devil’s Diamond Memory Collection“ sehr exzessiv. Am Anfang der Platte stand die Frage, was man tun würde, wenn man der letzte Mensch auf der Welt wäre. Die Antworten, die etwa Besucherinnen und Besucher ihrer Konzerte darauf gegeben haben, haben dann die thematische Grundlage für diese kleine Futurismus-Pop-Perle geliefert. Trotz aller Science-fictionhafter Sound-Experimente verliert sich „Devil’s Diamond Memory Collection“ nicht in der Beliebigkeit, sondern bleibt immer mit zumindest einem Bein fest auf dem Boden des songorientierten Indiepop.

Maurice Summen – PayPalPop

Der Staatsakt Labelchef und Die-Türen-Sänger Maurice Summen hat mit seinem neuen Solo-Album ein sehr ungewöhnliches Pop-Experiment gewagt. Schon die Bezeichnung Solo-Album passt an dieser Stelle nicht mehr so richtig. Die Tracks für „PayPalPop“ hat Maurice Summen nämlich nicht allein für sich im Studio aufgenommen, sondern quasi einfach im Internet bestellt. Songideen und passende Referenzen hat er an verschiedene anonyme Ghost-Producer auf der ganzen Welt geschickt und das (wahrscheinlich per PayPal bezahlte) Ergebnis dann zu einem recht eigenwilligen Album zusammengesetzt. In dieser globalen Kollektiv-Arbeit ist Maurice Summens musikalische Handschrift vor allem in Form seiner Texte erkennbar – pointierte Alltagserfahrungen aus dem Bioladen, dem Internet oder der Straße, zu denen man trotz aller Lakonik sehr gut tanzen kann.

Neu auf der Playlist

Maeckes – Emilia

Maeckes ist eigentlich fest verwurzelt in der Hip-Hop-Szene: Auf Battles und Freestyle-Veranstaltungen hat er sich schon Anfang der 2000er in der Szene einen Namen gemacht. Was Songwriting und Live-Performance angeht, hat er neue Maßstäbe im deutschen Rap gesetzt – mit seinem Partner Bartek, als Teil der Orsons und auf zahlreichen Solo-Projekten. Da das „Rap-Game“ für ihn offenbar durchgespielt ist, widmet er sich in den letzten Jahren vermehrt eher experimentellem Songwriting. Die aktuelle Single „Emilia“ hat er gemeinsam mit Tua geschrieben, ebenfalls Orsons-Mitglied. Das erklärt auch die mehr oder weniger homöopathische Dosis Kitsch, die eher für Tuas Musik typisch ist. Wohin Maeckes‘ Experimentierfreude ihn geführt hat, kann man am 11. Juni erfahren – dann erscheint sein Album „Pool“.

Sleater Kinney – Worry With You

„If I’m gonna worry, I’m gonna worry for you“ – eigentlich müsste bei Zeilen wie diesen die Anti-Kitsch-Polizei einschreiten. Bei Sleater Kinney ist das anders: Nicht nur wegen des lässigen Soundbilds, sondern vor allen Dingen wegen des Musikvideos. Die Zuschauenden begleiten ein Pärchen im Lockdown durch alle Höhen und Tiefen des Zusammenlebens. Man tritt sich gegenseitig aus dem Bett, versumpft zu zweit allein vorm Fernseher und streitet sich. Doch am Ende reicht man sich die Hand und falls nötig auch das Klopapier. So schön unkitschig kann Liebe sein. Das nächste Album des Duos, „Path of Wellness“ erscheint am 11. Juni.

Little Simz – Woman

Ursprünglich kommt die britische  Rapperin, Produzentin und Schauspielerin Little Simz ja aus der Grime-Szene. Grime verbindet basslastige, an Dubstep orientierte Beats mit aggressiven Raps – eine Spielart des Hip-Hop, die es so in dieser Form fast nur im UK gibt. Soundtechnisch schlägt Little Simz mit ihrer aktuellen Single zartere Töne an: „Woman“ ist eine liebevoll-Rap Hymne an Ghana Girls, Brooklyn Ladies und andere Menschen, die es nicht nur wegen ihres Geschlechts, sondern auch ihrer Hautfarbe schwer haben. Von Schwermut spürt man allerdings nichts in diesem großartigen Stück: Woman ist Selbstermächtigung ohne Hass oder Aggression – und ein Appell an viele Hörerinnen, sich mit ihren afrikanischen Wurzeln zu befassen. Mit Black History kann man sich übrigens auch ungeachtet aller Hautfarben befassen: Da gibt’s noch einen ganzen Ozean an Wissen auszuschöpfen, wie Simz auf „Woman“ rappt. Und bis zum Album-Release von „Sometimes I Might Be Introvert“ am 3. September ist ja noch genug Zeit.

Unseren Musikpodcast „Keine Angst vor Hits“ könnt ihr hier hören und abonnieren. Und wer unserer gleichnamigen Spotify-Playlist folgt, bekommt noch mehr musikalischen Input.

Volles Programm, (aber) null Banner-Werbung

Seit 2009 arbeiten wir bei detektor.fm an der digitalen Zukunft des Radios in Deutschland. Mit unserem Podcast-Radio wollen wir dir authentische Geschichten und hochwertige Inhalte bieten. Du möchtest unsere Themen ohne Banner entdecken? Dann melde dich einmalig an — eingeloggt bekommst du keine Banner-Werbung mehr angezeigt. Danke!

detektor.fm unterstützen

Weg mit der Banner-Werbung?

Als kostenlos zugängliches, unabhängiges Podcast-Radio brauchen wir eure Unterstützung! Die einfachste Form ist eine Anmeldung mit euer Mailadresse auf unserer Webseite. Eingeloggt blenden wir für euch die Bannerwerbung aus. Ihr helft uns schon mit der Anmeldung, das Podcast-Radio detektor.fm weiterzuentwickeln und noch besser zu werden.

Unterstützt uns, in dem ihr euch anmeldet!

Ja, ich will!

Ihr entscheidet!

Keine Lust auf Werbung und Tracking? Dann loggt euch einmalig mit eurer Mailadresse ein. Dann bekommt ihr unsere Inhalte ohne Bannerwerbung.

Einloggen