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Liraz
Foto: Shai Franco

Keine Angst vor Hits

Mit ’ner Wundertüte in die Hölle

Black Midi treffen sich mit dem Teufel, Liraz betreibt subversive Diplomatie, Superorganism wollen gleich die ganze Welt umarmen und Steve Lacy tritt in die Fußstapfen von Prince und Stevie Wonder. Außerdem: Wir schicken euch zum Fuchsbau Festival! Das und mehr in unserem Musik-Update Keine Angst vor Hits.

Neue Alben

Superorganism – World Wide Pop

Die Band Superorganism macht sprudeligen und verspielten Bubblegum-Pop, hat sich 2017 gegründet und versteht sich als internationales Kollektiv, u.a. mit Mitgliedern aus Japan, Südkorea, UK und Australien. Den Durchbruch feierte die Band dank Frank Ocean, der sie in seiner Radioshow spielte und 2018 einen Hype auslöste. Seitdem hat die Band noch viel mehr berühmte Freund:innen auf der ganzen Welt. Der Albumtitel „World Wide Pop“ klingt daher sehr passend: Stephen Malkmus von der US-amerikanischen Band Pavement, die japanische Popgruppe CHAI oder die französische Musikerin Pi Ja Ma sind auf dem neuen Album zu hören. Darauf erfinden Superorganism ihren Stil zwar nicht neu, liefern aber ein Album, das trotz latenter Reizüberflutung catchy Hooks liefert und mindestens so viel Spaß macht, wie eine gut kuratierte For-You-Page auf  TikTok.

black midi – Hellfire

Auch die Band black midi hat kein Problem mit musikalischer Reizüberflutung. Mit ihrem fulminanten Art-Rock hat die Truppe Progressive und Hardrock wieder salonfähig gemacht und ist Vorzeigeband des Londoner Labels Speedy Wunderground, das u.a. von Produzent Dan Carey geführt wird. Auch zackigen Math- und Noise-Rock, als auch Post-Punk-Anleihen findet man auf allen Alben der Band, meist umgarnt vom düsteren Sprechgesang des Sängers Geordie Greep. Der gibt sich auf „Hellfire“ immer wieder als Showmaster aus, der einen Ritt durch die Hölle begleitet: Krieg, Schmerz, Verlust und Angst sind die Hauptthemen des Longplayers. Black Midi begegnen diesen mit Wahnsinn: wild geschlagene musikalische Haken und launige Umbrüche. Da trifft sogar Speed Metal auf Jazz, der an experimentelle Jazzrock-Bands der 70er Jahre, wie Gong erinnert, selbst große Dada-Fans. Auch auf black midis „Hellfire“ weiß man meistens nicht, ob man weinen oder lachen soll. Im Zweifelsfall beides gleichzeitig.

Steve Lacy – Gemini Rights

Die ersten musikalischen Schritte hat Steve Lacy als Teil der kalifornischen Alternative-R’n’B-Kombo The Internet gemacht. Deren jüngstes Mitglied war er lange und hat mit nur 16 Jahren das Album „Ego Death“ produziert, das 2016 sogar für einen Grammy nominiert war. Mittlerweile wurde auch sein Solodebüt „Apollo XXI“ für einen Grammy vorgeschlagen und als Gitarrist und Produzent haben ihn schon jede Menge bekannter Musiker eingespannt: Kendrick Lamar, Blood Orange, Solange, Thundercat, Vampire Weekend und Kali Uchis. Auf „Gemini Rights“ findet man den alten Lacy, der slackigen Indie-Rock à la Mac DeMarco mit R’n’B, Hip-Hop und Funk anreichert. Dass das Album eine Break-Up-Platte ist, hört man deutlich heraus – nicht nur durch die Songzeilen, sondern auch am melancholisch sehnsuchtsvollen Ton, den Lacy oft anschlägt. Wenn er so schmachtend crooned, klingt er manchmal fast wie ein junger Stevie Wonder. Auch zu Prince mag Lacy gern aufschauen. Für einen erst 24-jährigen Musiker sind das jedenfalls keine schlechten Referenzen.

Neu auf der Playlist

Liraz – Doone Doone

Liraz Chahri ist als Kind persisch-iranischer Eltern in Israel aufgewachsen, womit ihr der politische Konflikt zwischen den beiden Ländern quasi in die Wiege gelegt wurde. Auch wenn sie nie selbst im Iran war, hatte Liraz den Wunsch, Musik mit Iraner:innen zu machen. Ein mutiges und lebensgefährliches Unterfangen. Die Kommunikation für ihr feministisches Album „Zan“ konnte deswegen nur über Telegram stattfinden, die Aufnahmen entstanden in getrennten Studios und Geld floss über Drittländer. Unter ähnlichen Umständen ist auch ihr neues Album „Roya“ (dt.: „Fantastie“) entstanden. In „Doone Doone“ trifft persische Musik aus den 70ern auf moderne, psychedelische Rhythmen, mit denen Liraz eine Tür für „Frieden, Freude und Freiheit“ öffnen will. Der Song ist eine Ode and eben jene Musiker:innen aus Tehran, die sie lange nur über das Internet kennenlernen durfte.

The Big Moon – Wide Eyes

The Big Moon feiern mit „Wide Eyes“ nicht nur ihren ersten neuen Song seit ihrem Album „Walking Like We Do“ (2020), sondern auch ihre Freundschaft, die in den vergangenen zwei Jahren einiges aushalten musste. Nicht nur Corona zwang die Band zu mehr ungewohntem Abstand als sonst, Sängerin Juliette Jackson musste sich auch noch an ihre neue Rolle als Mutter herantasten. Trotzdem ist ihr neues Album „Here Is Everything“ (VÖ: 14. Oktober) entstanden, dem man diesen Kraftakt nicht anhört. Zumindest soll „Wide Eyes“ einer der vielen aufmunternden, euphorischen Songs darauf sein. Der passt gut in diesen Sommer, in dem viel von dem nachgeholt wird, was in letzter Zeit nicht möglich war. Eine guttuende Prise Feel-Good von The Big Moon, die man um ihre Freundschaft beneidet.

Death Cab for Cutie – Here To Forever

Pünktlich zum 25. Band-Jubiläum bringen Death Cab For Cutie dieses Jahr ein neues Album heraus. Nach „Roman Candles“ gibt es davon jetzt „Here To Forever“ zu hören, in dem Ben Gibbard über die Vergänglichkeit philosophiert. Es geht um die schmerzhafte Erkenntnis, dass Schauspieler:innen alter Filme mittlerweile tot sind und dass man sich manchmal wünscht, an etwas Größeres glauben zu können. Trotz des harten Tobaks ist „Here To Forever“ ein optimistischer Song mit Hit-Potenzial im typisch soften Death Cab Indie-Gewand. Auch das Video lässt sich sehen: Darin muss Ben Gibbard im Vinyl-Presswerk selbst Hand anlegen, damit das neue Album „Asphalt Meadows“ (VÖ: 16. September) rechtzeitig fertig wird und gibt damit einen humorvollen Einblick in die Entstehung von Schallplatten.

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